Archivbesuch
Vorbereitung des Archivbesuchs
Hat man nun ein Archiv als Verwahrungsort von Archivalien ausfindig gemacht, die für das Forschungsthema relevant sind, und die verfügbaren Informationen zu den Beständen gesichtet, kann man sich an die Planung des Archivbesuchs machen. Dieser wird am besten durch eine schriftliche Anfrage – per E-Mail oder postalisch – an das Archiv eingeleitet. Dort beschreibt man in kurzen Worten das Forschungsinteresse und konkret für welche Bestände man sich interessiert. Dem Archivar bereiten vage Anfragen wie: „Ich interessiere mich für die Geschichte der Spitäler. Haben Sie dazu irgendwas“ erfahrungsgemäß nur wenig Freude. Zielführender ist dagegen etwa eine Anfrage wie: "Ich arbeite an einer Master-Arbeit zu mittelalterlichen Bürgerspitälern in oberösterreichischen Städten und Märkten. Gibt es über die bereits im Druck erschienen Urkunden hinaus noch weitere Bestände in Ihrem Archiv?" Darauf kann ein Archivar gezielt antworten und muss nicht ausführliche Antworten schreiben, die vielleicht gar nicht gewünscht waren.
In der Regel sind die Öffnungszeiten der Archive über das Internet recherchierbar, doch empfiehlt sich eine Kontaktaufnahme mindestens zwei Wochen vor dem geplanten Besuch. Diese Art der Kontaktaufnahme bietet dem Archivar noch die Möglichkeit eventuelle Unklarheiten zu bereinigen, über Sperren bestimmter Bestände zu informieren (etwa aus rechtlichen oder konservatorischen Gründen) bzw. die im Archiv vorhandenen Findmittel zu durchsuchen und dem Benutzer schon vorab erste Informationen zu vorhandenen Archivalien zu geben. Eine ausreichende Frist zwischen Anfrage und Besuch bietet dem Archivar auch in der Regel genug Zeit, die angefragten Archivalien aus dem Depot zu holen und vor der Benutzung auf ihre Unversehrtheit und Benutzbarkeit hin zu untersuchen. Schadhafte Dokumente dürfen nämlich nicht an Benutzer weitergegeben werden. Für die schriftliche Anfrage empfiehlt es sich weiters, die durchgesehene Literatur kurz zu nennen, da die Archivare als ausgewiesene Kenner der Bestände oft noch ergänzende Hinweise geben können.
Archivbesuch
Bei einem erstmaligen Besuch in einem Archiv ist in der Regel ein Benutzerbogen auszufüllen. Dort sind die persönlichen Daten wie Name und Anschrift bekannt zu geben, wobei ein Lichtbildausweis zur Überprüfung der Identität vorzuweisen ist. Auf dem Benutzerbogen wird meist auch das Forschungsgebiet und der Grund der Forschung (z.B. Master-Arbeit, genealogische Forschung) vermerkt. Mit der Unterschrift auf dem Benutzerbogen werden meist auch die Benutzungsbestimmungen akzeptiert. Dabei verpflichtet man sich in der Regel, so genannte Belegexemplare unentgeltlich und unaufgefordert an das Archiv zu übergeben, sobald die Arbeit im Druck oder als (ungedruckte) Hochschulschrift erschienen bzw. approbiert ist.
Im Archiv selbst können die bestellten Archivalien im so genannten Lese- oder Benutzersaal durchgesehen werden. Das Verhalten im Archiv regelt die Benutzerordnung. Bei allfälligen Fragen steht der Archivar bzw. die Benutzeraufsicht jederzeit zur Verfügung.
Für die Arbeit an den Beständen empfiehlt es sich, die einschlägigen Nachschlagewerke, Handbücher, Lexika etc. wenn möglich an den Arbeitsplatz mitzunehmen. Arbeitet man beispielsweise an mittelalterlichen lateinischen Urkunden, so empfiehlt es sich, den "Grotefend" – ein Handbuch zum Auflösen von Tagesangaben – und ein Lateinwörterbuch mitzunehmen. Diese sind zwar in der Regel in der Archivbibliothek vorhanden, aber wenn ein anderer Benutzer diese gerade verwendet, ist man in der Arbeit blockiert. Den "Grotefend" gibt es allerdings auch in einer Online-Version↗, die mühsames Auflösen der Tagesangaben für eine*n selbst erledigt.
Über die Recherche und zu den durchgesehenen Archivalien sollte man sich stets Aufzeichnungen machen, am besten in Form eines Journals. Wichtig dabei ist, stets die entsprechende Signatur der Archivalien zu notieren, denn dadurch ist gewährleistet, dass man diese gegebenenfalls in seiner wissenschaftlichen Arbeit korrekt zitieren kann. Bei der Durchsicht der Archivalien finden sich oft noch Hinweise auf andere relevante Archivalien, die dann beim Archivar bestellt werden können. Weiters können die im Archiv gegebenenfalls vorhandenen Findmittel zusätzlich auf interessante Bestände hin untersucht werden. Sofern eine solche vorhanden ist, lohnt sich ebenso ein Blick in die Archivbibliothek. Dort werden neben der einschlägigen Literatur zu den Archivbeständen oft auch nur schwer zugängliche oder sogar nur einmalig vorhandene Typoskripte, Hochschulschriften, Manuskripte etc. verwahrt.
Verhalten im Ernstfall - Die Benutzerordnung
Für das Verhalten im Archiv gibt es eine Reihe von Regeln und Vorschriften, die es zu beachten gibt. Häufig kann man die Benutzerordnungen bereits auf den Homepages der Archive einsehen und es empfiehlt sich, dies schon vor dem Besuch zu tun.
In der Benutzerordnung ist vermerkt, was in den jeweiligen Archiven erlaubt und was verboten ist. Ungeachtet der einzelnen Bestimmungen sind in allen Archiven folgende Punkte zu beachten:
- Da es sich um wertvolle Unikate handelt, ist beim Umgang mit Archivalien größtmögliche Sorgfalt angebracht. Auf die Archivalien darf nichts gelegt werden. Bei Büchern sind, wenn vorhanden, so genannte Buchkeile zu verwenden.
- Während der Benutzung besonders wertvoller Archivalien sind aus konservatorischen Gründen zuweilen weiße, saubere Baumwollhandschuhe zu tragen. Häufig erhält man solche gegen einen kleinen Betrag im Archiv selbst. Plant man, öfter an Archivalien zu arbeiten, empfiehlt sich die Anschaffung eines solchen Paars.
- Die Ordnung der Archivalien darf nicht verändert werden. Das selbständige Umsortieren etwa von Akteninhalten ist ausnahmslos untersagt.
- Tintenfedern, Kugelschreiber, Textmarker oder dergleichen sind im Lesesaal ausnahmslos verboten, die Gefahr der Verschmutzung der Archivalien bei Verwendung solcher Schreibgeräte ist nämlich zu groß - Bleistifte sind in der Regel erlaubt, genauso wie die Verwendung von Notebooks oder sonstigen digitalen Geräten. Oft sind die Arbeitsplätze im Lesesaal mit Steckdosen versehen.
- Nahrungsmittel und Getränke sind im Lesesaal verboten.
- Im Lesesaal ist aus Rücksicht auf andere Benutzer Ruhe zu wahren. Telefonieren und laute Unterhaltungen sind nicht gestattet.
- Leider ist das Fotografieren von Archivalien nicht in jedem Archiv gestattet; zuweilen brauchen Sie eine Genehmigung dafür. Auch die Frage der Urheber- und Verwertungsrechte an solchen Bildern sollte im Vorhinein mit dem Archivar/der Archivarin besprochen werden. Für Reproduktionen – etwa als Digitalisate, als Mikroformen oder als Papierkopie – gibt es häufig die Möglichkeit, diese - eventuell gegen entsprechende Gebühren - selbst mittels im Archiv zur Verfügung stehender Scanner anzufertigen oder diese von den Archivar*innen bzw. von beauftragten Fotograf*innen anfertigen zu lassen. Über Kosten informiert in der Regel die Gebührenordnung des Archivs.