Methoden

Allgemeines

Unter dem Begriff Methode wird hier mit Judith Wolfsberger die Art und Weise verstanden, wie Forschende zur Antwort auf ihre Forschungsfrage gelangen, oder gelangen wollen. Sie bietet eine wunderbare, einfach verständliche Erklärung des Begriffs: 

"Keine Angst vor dem Wort 'Methoden'! Es meint den Weg auf ein Ziel hin. Methoden sind bloß die WEGE und Mittel, WIE du deine Forschungsfrage beantworten willst. Es geht also um das WIE. [...] Lehne dich dabei an bestehende Methoden an, vereinfache oder verändere sie aber so, dass sie für deine Arbeit passen. Verwende die offiziellen Bezeichnungen der Methoden, nenne ihre Herkunft und AutorInnen, das gibt deiner Arbeit Autorität." 

Diese Erklärung macht in beeindruckend wenigen Worten deutlich, wozu Methoden gut sind und wie mit ihnen umzugehen ist. Methoden bezeichnen also den "Weg" hin zur Antwort auf Forschungsfragen. 

Indem Forschende ihre Methode beschreiben, machen sie für Leser*innen nachvollziehbar, wie sie zu ihren Ergebnissen gelangt sind und kommen damit auch der Forderung nach wissenschaftlicher Transparenz nach. Methoden sind allerdings auch wichtige Hilfsmittel beim wissenschaftlichen Arbeiten sowie Werkzeuge, um Forschungsfrage zu beantworten. Daher gilt es Methoden so zu wählen, dass sie Ihnen dabei helfen. Ein Mix sowie die Adaption verschiedener Methoden, manchmal auch beides, sind oft notwendig, sinnvoll und natürlich erlaubt. Wichtig ist dabei, immer anzugeben von welchen Autor*innen Sie welche methodischen Überlegungen übernommen haben. Es geht bei der Auswahl einer Methode aber nicht darum, eine Methode, die Wissenschaftler*in X beschreibt, eins zu eins auf die eigene Arbeit anzuwenden. Das ist möglich, aber keinesfalls ein Muss. Wenn Wissenschaftler*in X etwa fünf verschiedene Analyseschritte vorschlägt, um Texte zu analysieren, für die Beantwortung der eigenen Forschungsfrage aber nur die ersten drei Analyseschritte gewinnbringend scheinen, ist es sinnvoll und zulässig, nur diese Analyseschritte zur Beantwortung der eigenen Frage heranzuziehen. Genauso können Sie sich Ihre eigene Methode aus methodischen Überlegungen unterschiedlicher Wissenschaftler*innen zusammenstellen. Wenn es sinnvoll ist, die ersten drei Analyseschritte, die Wissenschaftler*in X in ihren methodischen Überlegungen zur Textanalyse beschreibt, mit methodischen Überlegungen von Wissenschaftler*in Y zur Textanalyse - oder mit Teilen davon - zusammenzuführen, ist das genauso zulässig. Wichtig ist nur, immer anzuführen, auf wessen methodische Überlegungen Sie sich warum stützen und wo Sie aus welchen Gründen Vorschläge von Autor*innen abändern, beziehungsweise adaptieren. 

Es lässt sich nicht allgemein sagen, welche Methoden für die eigene Forschungsarbeit sinnvoll sein können. Dies hängt immer von der jeweiligen Forschungsfrage, dem Erkenntnisinteresse und den Quellen ab, die analysiert werden. So kann die Analyse von Text- und Bildquellen jeweils unterschiedliche Methoden erfordern. Gleichzeitig könnten beispielsweise diskursanalytische Verfahren auf textliche wie bildliche Quellen gleichermaßen angewandt werden, da sowohl Texte als auch Bilder Diskurse mitkonstituieren können. Die Wahl Ihrer Methode, oder Methoden, wird daher von Fall zu Fall verschieden ausfallen. 

Bei dieser Wahl können Ihnen vielleicht folgende Fragen weiterhelfen: 

  • Auf welchem Weg könnte ich zu einer Antwort auf meine Forschungsfrage kommen?
  • Mit welchen Mitteln, oder 'Werkzeugen' kann ich zu einer Antwort auf meine Forschungsfrage kommen?
  • Auf welche Art und Weise kann ich zu einer Antwort auf meine Forschungsfrage kommen?
  • Oder aber einfach: Wie kann ich zu einer Antwort auf meine Forschungsfrage kommen?

      

Mit dabei seit dem 19. Jahrhundert: Die Trias Heuristik - Quellenkritik - Interpretation

Als eine methodische Vorgangsweise können auch folgende Arbeitsschritte bezeichnet werden: ein Forschungsfrage entwickeln, Quellen suchen und analysieren sowie interpretieren. Dies beschreibt die Trias aus Heuristik, Quellenkritik und Interpretation, wobei es in den meisten Fällen nötig sein wird, genauere Angaben zur Methode zu machen. Heuristik meint das Formulieren einer Fragestellung und die Suche nach Quellen, wobei beides in einer Art Wechselwirkung stattfindet. Im Zuge der Quellenkritik wird die Quelle daraufhin befragt, wer ihr*e Urheber*in ist, wie sie entstanden ist, wie sie zu datieren ist und inwiefern ihr Inhalt echt oder authentisch ist. Quellenkritik wird im Abschnitt dazu noch näher erläutert. Auf die Quellenkritik folgt die Interpretation der Quelle im Hinblick auf die Forschungsfrage, um diese zu beantworten, also Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Trias aus Heuristik, Quellenkritik und Interpretation als Methode geht zurück auf Johann Gustav Droysen und wird auch als "Historische Methode" angesprochen.

Die Anwendung von Heuristik, Quellenkritik und Interpretation stellt einen "Weg" dar, um zu einer Antwort auf eine Forschungsfrage zu kommen, also eine Methode. "Historische Methode" oder "Heuristik, Quellenkritik, Interpretation" als Methode in einer geschichtswissenschaftlichen Arbeit anzugeben kann sinnvoll sein, genügt aber nicht immer, da diese Methode letztlich in allen empirischen geschichtswissenschaftlichen Arbeiten angewandt wird: Historiker*innen formulieren immer Fragen, ziehen Quellen kritisch heran und versuchen mittels Analyse selbiger, ihre Fragen zu beantworten. In den meisten Fällen wird es nötig sein, genauere Angaben zu ihrer Vorgangsweise zu machen: So könnte ein Text beispielsweise begriffsgeschichtlich untersucht werden, wobei einer oder mehrere bestimmte Begriffe in den Blick genommen würden. Derselbe Text könnte aber genauso mit einer Sozialen Netzwerkanalyse untersucht werden, wobei die im Text auftauchenden Akteur*innen und ihre Beziehungen untersucht werden würden. In beiden Fällen wird eine Frage formuliert, werden Quellen kritisch herangezogen und wird versucht, die Frage mittels Analyse der Quellen zu beantworten. Die jeweilige Vorgangsweise nur als "Historische Methode" zu bezeichnen, wäre nicht ausreichend. 

Ordnen und Strukturieren

Ähnliches wie für den Begriff der "Historischen Methode" gilt für das Ordnen und Strukturieren des Materials, mit dem Historiker*innen im Laufe des Forschungsprozesses arbeiten: Als Historiker*innen bearbeiten sie Quellen genauso wie Forschungsliteratur und haben zudem noch eigene Überlegungen. All dieses Material müssen Sie zur Bearbeitung Ihrer Forschungsfrage ordnen und strukturieren, etwa nach chronologischen oder thematischen Gesichtspunkten. Dies macht Ihren Leser*innen aber kaum klar, wie Sie Ihre Quellen konkret analysieren und hilft auch Ihnen selbst nur bedingt weiter. Zudem ist das Ordnen und Strukturieren zwar von grundlegender Bedeutung, ist aber ein selbstverständlicher Teil jeder wissenschaftlichen Arbeit und muss daher nicht extra für Leser*innen festgehalten werden. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Art und Weise, wie Sie Ihr Material ordnen und strukturieren entscheidend mitbestimmt, wie Sie Ihre Forschungsfrage beantworten. 

Schlussbemerkungen

Es obliegt also Forschenden selbst, zu bestimmen mit welchen Methoden sie eine Antwort auf ihre Forschungsfrage zu finden versuchen und ihre Quellen analysieren. Dies kann je nach Forschungsfrage, Erkenntnisinteresse und Quellen immer verschieden sein und das Angebot an vorhandenen Methoden, auf die Bezug genommen werden kann, ist schier unendlich. Einen erschöpfenden Überblick über mögliche Methoden zu geben, ist unmöglich. Zudem können Methoden häufig nicht eins zu eins von Autor*innen übernommen werden, sondern müssen immer an das jeweilige Forschungsprojekt angepasst werden. Es gibt auch keine Methode, die sich speziell für geschichtswissenschaftliche Forschung eignet. Für Geschichtswissenschaftler*innen können viel eher unterschiedliche Methoden aus verschiedenen Disziplinen gewinnbringend sein, etwa sozialwissenschaftliche, literaturwissenschaftliche, linguistische, kunsthistorische oder weitere. 

Auf der folgenden Unterseite finden Sie Beispiele für bekannte Methoden oder Ansätze, deren Namen auch in der Geschichtswissenschaft häufig auftauchen.

Literatur

  • Klaus Arnold, Quellenkritik, in: Stefan Jordan (Hg.), Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe (Stuttgart 2002), S.255–257 generell zur Erklärung von Quellenkritik.
  • Gunilla Budde/Dagmar Freist, Verfahren, Methoden, Praktiken, in: Gunilla Budde/Dagmar Freist/Hilke Günther-Arndt (Hg.), Geschichte. Studium - Wissenschaft - Beruf (Akademie Studienbücher. Geschichte, Berlin 2008), S.158–177, S.159 zu Mitbestimmung der Methode durch Forschungsfrage/Erkenntnisinteresse/Quellen; S.160 bzw. 160-161 zum Vorgehen zur Entwicklung von Forschungsfragen, zu Quellen suchen/finden/analysieren/interpretieren, zur Trias "Heuristik"-"Kritik"/Quellenkritik-"Interpretation" - bei Budde/Freist als "Historische Methode" beschrieben; S.160-161 zur Interpretation der Quellen nachfolgend der Quellenkritik, zu Heuristik/Quellenkritik/Interpretation auch angesprochen als "Historische Methode".
  • Nils Freytag/Wolfgang Piereth, Kursbuch Geschichte. Tipps und Regeln für wissenschaftliches Arbeiten, 5., aktualisierte Auflage (Paderborn 2004), S.107-108 zu Methoden zur Transparenz sowie als Hilfsmittel und als Werkzeuge; S.108 zur Abhängigkeit der Eignung von Methoden von Forschungsfrage/Erkenntnisinteresse/Quellen und Verschiedenheit von Fall zu Fall; S.113 bzw. 113-118 zu den übernommenen Begriffen "ordnen" und "strukturieren"; S.113, 114 bzw. 113-118 zu Ordnen und Strukturieren, das Freytag/Piereth unter Anderem als "systematisch-analytische[...] Methode" sowie als "chronologische" ansprechen. Online-Zugang: https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838535487 ↗ [u:access ↗].
  • Stefan Jordan, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, 4., aktualisierte Auflage 2018 (Orientierung Geschichte, 2009), S.47-50 zu Historischer Methode/Trias Heuristik-Quellenkritik-Interpretation, Interpretation der Quellenkritik nachfolgend zur Beantwortung der Forschungsfrage/zum Gewinnen von Erkenntnissen, Heuristik-Quellenkritik-Interpretation & Droysen. Online-Zugang zur 5. aktual. Auflage: https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838557601 ↗ [über u:access ↗].
  • Stefan Jordan, Einführung in das Geschichtsstudium, Überarbeitete und erweiterte Ausgabe 2019, (2019), S.135-152 zum Vorgehen zur Entwicklung von Forschungsfrage, zu Quellen suchen/finden/analysieren/interpretieren, Jordan verweist dabei zusätzlich auf die Frage der Relevanz eines Themas; S.139-144, hier insb. 141-144 zu Quellenkritik; S.135 bzw. 135-152 zu Heuristik/Quellenkritik/Interpretation bzw. Historische Methode bei Jordan als "Methodische Schritte historischer Forschung".
  • Chris Lorenz, Heuristik, in: Stefan Jordan (Hg.), Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe (Stuttgart 2002), S.139–141 generell zur Heuristik.
  • Judith Wolfsberger, Frei geschrieben. Mut, Freiheit & Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten, 4., bearbeitete Auflage, (Wien - Köln - Weimar 2016), S.85 zu Methode als Art und Weise wie Forschende zur Antwort auf ihre Forschungsfrage gelangen oder gelangen wollen, zu "Keine Angst vor […] deiner Arbeit Autorität", zu "Weg". Online-Zugang zur 5. bearb. Auflage: https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838557403 ↗ [über u:access ↗].