Archive in Österreich

Das Archivregister - ein Verzeichnis der österreichischen Archive

Österreich hat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine besonders reichhaltige Archivlandschaft. Archive existieren auf allen Ebenen der Verwaltung (Bund, Land, Kommune). Besonders umfangreich und vielfältig sind auch die Archive der Kirche. Zahlreiche private Archive und eine wachsende Anzahl von Medienarchiven bereichern die Archivlandschaft Österreichs zusätzlich.

Einen Überblick über die verschiedenen Archive in Österreich bietet das Archivregister des Österreichischen Staatsarchivs ↗, das auch Informationen über Bestände und Nutzungsbedingungen der Archive zur Verfügung stellt.

Die folgenden Abschnitte geben einen kurzen Überblick über die verschiedenen Arten von Archiven in Österreich.


Bundesarchive

Das zentrale Bundesarchiv Österreichs ist das Österreichische Staatsarchiv ↗. Neben diesem zentralen Bundesarchiv sind folgende Bundesdienststellen und Institutionen ermächtigt, eigene Archive für archivreifes Schriftgut aus ihren Bereichen einzurichten:

  • die Parlamentsdirektion
  • die obersten Gerichtshöfe (Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof, Oberster Gerichtshof)
  • die Universitäten
  • das Bundesdenkmalamt
  • die Österreichische Nationalbibliothek
  • die Bundesmuseen
  • die Österreichische Phonothek
  • die Hofmusikkapelle
  • das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

Weitere Informationen und Links zu den Archiven dieser Einrichtungen finden sich im Archivregister des Österreichischen Staatsarchivs ↗.

 

Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA)

Das Österreichische Staatsarchiv ↗ ist das zentrale Bundesarchiv Österreichs. Das Staatsarchiv ist grundsätzlich für die Archivierung von Archivgut aus den Bundesdienststellen zuständig. Es besteht seit 1983 aus den folgenden fünft Abteilungen:

  • Haus-, Hof-, und Staatsarchiv (HHStA)
  • Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA)
  • Finanz- und Hofkammerarchiv (FHKA)
  • Kriegsarchiv (KA)
  • Archiv der Republik (AdR)

Mit der Gründung des Archivs der Republik im Jahr 1983, das das Archivgut aus der Zeit der 1. und der 2. Republik sowie der NS-Herrschaft verwahrt, wurden die restlichen vier Archive zu historischen Archiven. In ihnen wird in der Hauptsache Archivgut aus der Zeit der Habsburgermonarchie bis zum Jahre 1918 aufbewahrt und es kommt zu keinen weiteren Bestandszuwächsen durch Schriftgutablieferungen aus den Bundesministerien.

Bis auf das Haus-, Hof- und Staatsarchiv, das sich am Minoritenplatz Nr. 1 befindet, sind die restlichen Abteilungen wie auch die Generaldirektion, die Bibliothek und die Restaurierwerkstätten im Archivgebäude im 3. Wiener Gemeindebezirk beheimatet.

In den folgenden Unterabschnitten wird über die fünf Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs informiert.

Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA)

Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv ist die älteste Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs. Es wurde 1749 unter Maria Theresia als "Geheimes Hausarchiv" gegründet und hatte zum Ziel jene Dokumente in einem Archiv zu vereinen, die für das Herrscherhaus Habsburg-Lothringen und den österreichischen Staat wichtig waren. Aufgrund der habsburgischen Länderteilungen des Mittelalters und der Neuzeit befanden sich diese Dokumente an verschiedenen Orten. Vor dem Hintergrund der Probleme Maria Theresias nach dem Tod ihres Vaters die Regierung zu übernehmen, versuchte sie diese Bestände zu vereinen: Zur Durchsetzung ihrer Erbansprüche musste auf Urkunden zurückgegriffen werden, die nicht immer rasch genug greifbar waren. Dieses "Geheime Hausarchiv" wurde am Beginn des 19. Jh. in "(Geheimes) Haus-, Hof- und Staatsarchiv" umbenannt.

Inhaltliche Schwerpunkte der heute in 11 Bestandsgruppen gegliederten Bestände des Haus-, Hof- und Staatsarchivs sind:

  • die Geschichte des Hauses Habsburg
  • die Tätigkeit der obersten Hofämter und des kaiserlichen Kabinetts
  • Diplomatie und Außenpolitik der Donaumonarchie
  • oberste Verwaltung und Rechtsprechung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, dessen Kaiserwürde die Habsburger Jahrhunderte lang fast ohne Unterbrechung bis zur Auflösung des Reichsverbandes 1806 innehatten.

Weitere Zuwächse aus ehemaligen habsburgischen Ländern oder etwa Adels- und Familienarchiven machen das Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu einem der bedeutsamsten europäischen Archive.

Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA)

Die Abteilung Allgemeines Verwaltungsarchiv entstand 1820 aus dem Archiv der Hofkanzlei. Ihr wurden 1918 die älteren Registraturen der Justizverwaltung angeschlossen, wozu später die Akten verschiedener Ministerien kamen. Ab 1921 wurde das Archiv in "Staatsarchiv des Inneren und der Justiz" umbenannt. Unter den Beständen befindet sich das Adelsarchiv ("Gratialregistratur"). Das Allgemeine Verwaltungsarchiv ist im Laufe seiner Geschichte fünfmal übersiedelt, einmal ausgebrannt und einmal ausgebombt worden. Wesentliche Verluste erlitt es beim Brand des Justizpalastes 1927 (Bild: historische Ansicht des Justizpalastes).

Finanz- und Hofkammerarchiv (FHKA)

Die Abteilung Finanz- und Hofkammerarchiv enthält das Schriftgut des Finanzministeriums, das viele Bestände älterer Dienststellen und Behörden im Wege der Ämtersukzession erhalten hatte. Das Hofkammerarchiv ist das älteste der Wiener Archive. Die Hofkammer war seit Kaiser Maximilian I. die Finanzbehörde der Habsburgermonarchie. Nach den Reformen durch Maria Theresia wurde sie zur zentralen Finanzbehörde der Erblande, zu einer Art „Superministerium“, das Finanzen, Handel, Wirtschaft, Bergbau und Verkehr der Habsburgermonarchie leitete. Erst die Revolution von 1848 und in ihrem Gefolge der Umbau der gesamten Staatsverwaltung beendete ihre mehr als 300jährige Geschichte. Die Agenden wurden von mehreren Ministerien und Ämtern übernommen.

Kriegsarchiv (KA)

Die Abteilung Kriegsarchiv lässt sich auf zwei Wurzeln zurückführen: zum einen auf das 1711 gegründete "Hofkriegskanzleiarchiv", zum anderen auf das 1801 geschaffene „k. k. Kriegsarchiv“. Das alte Kanzleiarchiv beim Hofkriegsrat verlor den Großteil seines Schriftgutes an das neue Kriegsarchiv. Durch das Ende der Monarchie 1918 wurde das Kriegsarchiv von einer Heeresanstalt in eine zivile Institution umgewandelt. Unter nationalsozialistischer Herrschaft wurde es neuerlich eine Heeresanstalt und als Heeresarchiv Wien Teil der deutschen Heeresarchivorganisation. 1945 schließlich wurde das Kriegsarchiv zu einer Abteilung des neu geschaffenen Österreichischen Staatsarchivs. Mit der Schaffung des Archivs der Republik wurden die Bestände der 1. und 2. Republik sowie der NS-Zeit an dieses übergeben, dem Kriegsarchiv verblieben die Bestände bis 1918. Das Archiv ist heute ein historisches Archiv und verzeichnet keine organischen Zuwächse mehr. Schriftgut aus dem Bundesministerium für Landesverteidigung und untergeordneter Dienststellen kommt an das Archiv der Republik.

Das Wiener Kriegsarchiv ist auf Grund der zahlreichen Bestände das bedeutendste Kriegsarchiv Mitteleuropas. Von besonderer Bedeutung sind die dort verwahrten Militärkarten und -pläne. Der Gesamtbestand des Kriegsarchivs beinhaltet insbesondere Personalunterlagen von einfachen Soldaten bis hin zu den obersten Offizieren (in der Hauptsache von 1740-1918), Feldakten und Material zu Operationen der habsburgischen Armee (vom 16. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert), Administrations- und Verwaltungsakten der militärischen Behörden auf Zentral- und Regionalebene, Akten der Kriegsmarine und Luftfahrttruppen (19. und 20. Jh.) sowie den Bestand an Karten und Plänen.

Archiv der Republik (AdR)

In der Abteilung "Archiv der Republik" wird das Schriftgut der staatlichen Zentralbehörden ab dem Ende des Ersten Weltkriegs archiviert. Es wurde 1983 eingerichtet und ist als einzige Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs kein „historisches Archiv“, sondern für jene Schriftgutbestände zuständig, die in österreichischen Zentralbehörden seit 1918 produziert wurden und werden, also in sämtlichen Ministerien, zentralen Bundesdienststellen wie nachgeordneten Dienststellen.


Landesarchive

Die Landesarchive lassen sich im Wesentlichen auf drei Wurzeln zurückführen, wobei diesen je nach Gebiet eine unterschiedliche Gewichtung zukommt:

  • Regionale Geschichtsvereine
  • Landständische Archive
  • Archive landesfürstlicher Verwaltung

Im Zuge der Gründung von Landesarchiven kam es in der Regel zur Zusammenführung der Sammlungen und amtlichen Registraturen bzw. Archive. Die rechtliche Trennung von Beständen des Bundes (ehemals landesfürstliche Bestände) und des Landes (ehemals landständische Bestände) blieb bis heute bestehen und spiegelt sich in der Tektonik der Landesarchive wider.

In den Archiven der neun österreichischen Bundesländer finden sich auch viele Archive von Gemeinden sowie häufig kirchliche Archivalien. (Vgl. Burkhardt, Archiv 2006, S.43.)

Auch über die österreichischen Landesarchive bietet das Archivregister des Österreichischen Staatsarchivs ↗ einen Überblick.

Im Folgenden wird kurz auf die drei Wurzeln der Landesarchive eingegangen: Regionale Geschichtsvereine, Landständische Archive und Archive landesfürstlicher Verwaltung.

Regionale Geschichtsvereine

Die Hinwendung zur Vaterländischen Geschichte führte zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den stark zersplitterten Ländern des Deutschen Reiches zur Gründung von regionalen Geschichtsvereinen.

In Österreich stiftete etwa Erzherzog Johann im Jahre 1811 das nach ihm benannte Joanneum als regionales Landesmuseum der Steiermark. Das 1823 in Tirol gegründete Ferdinandeum wurde nach Erzherzog Ferdinand II. benannt. 1839/43 wurde der Historische Verein für Innerösterreich gegründet, 1844 der Kärntner Geschichtsverein, um hier nur die ältesten zu nennen. Die bei diesen Vereinen gesammelten schriftlichen und dinglichen Quellen zur Geschichte des jeweiligen Landes und der Region führten zur Gründung einerseits der Landesarchive und andererseits der Landesmuseen.
 

Landständische Archive

Aus den Hoftagen des Mittelalters entwickelten sich seit dem Ende des Mittelalters die Landstände. Der Landesherr regierte gemeinsam mit den Landständen, aus denen sich mit dem Revolutionsjahr die Kammern oder Landtage bildeten.

Bei den landständischen Behörden und Funktionsträgern fiel seit ihrem Beginn Schriftgut an. Mit der Ausbildung und Verfestigung der Landstände im 16. Jahrhundert bildeten sich Registraturen, bei denen Schriftgut verwahrt wurde, das nicht mehr für das Tagesgeschäft benötigt wurde. Im 19. Jahrhundert kam es zur Trennung von Registratur und Archiv und die Archive der Landstände wurden in regionale wissenschaftliche Anstalten umgewandelt.
 

Archive landesfürstlicher Verwaltung

In den Ländern der habsburgischen Krone gab es neben der landständischen Verwaltung auch eine staatliche bzw. landesfürstliche, später kaiserlich-königliche Verwaltung, die wiederum eigenes Schriftgut produzierte. Die ältesten Bestände reichen meist in das 16. Jahrhundert zurück. Das Schriftgut kann dabei aus den unterschiedlichsten Ämtern und Behörden stammen, beispielsweise aus Landesregierungen, Repräsentationen und Kammern, Gubernien, Landeshautpmannschaften, et cetera. Im Gefolge der Revolution von 1848 und der darauf folgenden Verwaltungsreform kam es in den einzelnen Ländern zur Gründung von Statthaltereien, bei denen wiederum eigene Archive eingerichtet wurden und die ältere Bestände der landesfürstlichen Verwaltung übernahmen.


Kommunalarchive

Unter Kommunalarchiven versteht man die Archive, die von den Gemeinden und Städten geführt werden. Je nach Größe und Alter der Kommune unterscheiden sich diese Archive zum Teil erheblich voneinander. In Österreich besitzen nur wenige Gemeinden ein hauptamtlich geführtes Kommunalarchiv. Meist führen Städte ein eigenes Archiv (etwa Feldkirch, Wels, Krems, Villach oder Pinkafeld), ebenso alle Landeshauptstädte in Österreich. Das Archiv der Stadt Wien ist zugleich Landes- und Stadtarchiv. Die meisten Gemeindearchive haben ihre historischen Bestände an die jeweiligen Landesarchive abgeliefert.

Auch für die Kommunalarchive bietet das Archivregister des Österreichischen Staatsarchivs ↗ wieder einen hilfreichen Überblick.


Geistliche Archive

Die geistlichen Archive Österreichs beherbergen auf Grund ihrer langen Geschichte und der häufig ungebrochenen Kontinuität historische Dokumente von oft eminenter Bedeutung. An erster Stelle sind hier die Ordensarchive zu nennen, insbesondere die Archive der Stifte und Klöster, von denen einige schon seit dem Mittelalter existieren. Im Vergleich zu anderen Ländern wie Frankreich oder Italien gibt es in Österreich zahlreiche Archive geistlicher Kommunitäten, die sich noch in situ, also vor Ort in den Ordenshäusern, befinden. Neben Archivalien, die das pastorale oder karitative Wirken der einzelnen Ordenshäuser dokumentieren, finden sich in vielen dieser Archive etwa auch grundherrschaftliche Akten und Urkunden.

Eine weitere und große Gruppe innerhalb der geistlichen Archive bilden die Diözesanarchive der katholischen Kirche. Jede österreichische (Erz-)Diözese führt ein eigenes Archiv, das neben dem Schriftgut des bischöflichen Ordinariats auch die Archive der Pfarren betreut. Ähnlich wie bei den Gemeinde- und Landesarchiven übergeben viele Pfarren ihre Bestände an das für sie zuständige Diözesanarchiv.

Bei den evangelischen Superintendenten werden ebenso eigene Archive geführt, zentral ist das Archiv des Evangelischen Oberkirchenrates AB und HB in Wien. Von einiger Bedeutung ist auch das in Wien befindliche Archiv der Griechisch-Orthodoxen Kirche, die derzeit ca. 18.000 Mitglieder in ganz Österreich zählt. Die Kirchenbücher der Wiener griechisch-orthodoxen Gemeinden können seit Anfang 2021 auch auf Matricula online ↗ eingesehen werden. 

Auch bei der Recherche nach geistlichen Archiven stellt das Archivregister des Österreichischen Staatsarchivs ↗ wieder eine gute Hilfe dar. Für die Suche nach den Archiven der katholischen Ordensgemeinschaften empfiehlt sich die spezielle Datenbank der Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Ordensarchive (Hier ↗ als Access-Datei zum Download)


Medienarchive

Medienarchive haben meist eine sehr junge Geschichte und verwahren in der Hauptsache audiovisuelle Medien wie Film-, Tonaufzeichnungen oder Fotografien. Davon ist etwa das ORF-Archiv eines der größeren.

Weitere Archive mit Schwerpunkt audiovisuelle Medien:


Weitere Archive

Von privaten Institutionen oder Familien geführte Archive sind vielfältig. So führen etwa zahlreiche Kammern (Wirtschaftskammer↗, Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte↗, Arbeiterkammer↗, Ärztekammer) ein eigenes Archiv, ebenso die politischen Parteien (z.B. das Vogelsang-Institut↗, Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung↗).
Reine Wirtschaftsarchive sind in Österreich selten (z.B. Siemens↗, Swarovski↗, EVN↗), manchmal befinden sich aber solche – etwa von aufgelassenen Firmen – in den Landes- und Stadtarchiven. Einen Sonderfall stellt in diesem Zusammenhang das Vorarlberger Wirtschaftsarchiv↗ dar.

Mit den so genannten Haus- oder Herrschaftsarchiven sei noch eine letzte Gruppe von Archiven angeführt. Viele der oft traditionsreichen Familien↗ verwahrten Schriftgut ihrer Mitglieder an einem gemeinsamen Ort und schufen auf diese Weise eigene Hausarchive. Neben Nachlässen können sich in diesen auch unterschiedlichste Dokumente befinden, etwa solche betreffend die Grundherrschaften, private Korrespondenzen, Gerichtssachen, diplomatische Aufzeichnungen, et cetera.

Mit dem Adelsaufhebungsgesetz 1919 hatte der Adel seine Sonderrechte verloren und oft wurden Haus- oder Herrschaftsarchive als Deposita an öffentliche Archive übergeben. Zahlreiche Archive ausgestorbener Familien befinden sich  im Niederösterreichischen und im Oberösterreichischen Landesarchiv. Wenige Familien führen heute noch ein eigenes Archiv (Esterhazy in Forchtenstein, Liechtenstein in Wien↗ oder Schwarzenberg in Murau↗).