Mündliche Präsentation

Die mündliche Präsentation wissenschaftlicher Inhalten ist ein wesentlicher Bestandteil Ihres Studiums und wird in fast allen Lehrveranstaltungen als Leistungsnachweis erwartet. Im Rahmen von mündlichen Präsentationen stellen eine oder mehrere Personen ausgewählte Inhalte für ein bestimmtes Publikum vor. Grundsätzlich können alle Inhalte, Informationen oder Gegenstände Thema einer Präsentation sein.


Allgemeines

In Ihrem universitären Alltag dienen mündliche Präsentationen der Darstellung und Vermittlung von Inhalten, die auf vorausgegangenem wissenschaftlichem Arbeiten basieren. Mündliche Präsentationen werden von Ihnen als Nachweis der aktiven Erarbeitung der Lehrinhalte in den meisten Lehrveranstaltungen erwartet.

Der mündliche Vortrag (Referat) kann dabei das Ziel eines wissenschaftlichen Arbeitsprozesses sein. In den meisten Fällen jedoch werden mündliche Präsentationen in denjenigen Lehrveranstaltungen verlangt, in denen der Leistungsnachweis auch in Form einer schriftlichen wissenschaftlichen Arbeit erfolgt.
Das Referat kann dabei entweder der Präsentation bereits schriftlich niedergelegter Forschungsergebnisse oder - als zur Diskussion gestelltes Zwischenprodukt der bisherigen Ergebnisse - der Vorbereitung der schriftlichen Arbeit dienen.

Anforderungen

Als Studienanfänger*in erwartet niemand das "perfekte" Referat von Ihnen, denn ebenso wie wissenschaftliches Arbeiten ist auch mündliches Präsentieren erlernbar und nicht eine angeborene Fähigkeit.
Ein guter Vortrag entsteht nicht, indem Sie sich vor Publikum stellen und sprechen, sondern durch gründliche Vorbereitung und durch Kenntnisse bestimmter Grundlagen des Präsentierens.
Auch lässt sich Referieren und Präsentieren nicht von heute auf morgen lernen, sondern ist wie alle Lernprozesse eine Frage von Übung und Routine.
Betrachten Sie mündliches Präsentieren als wichtigen Bestandteil Ihrer Ausbildung und versuchen Sie, alle Gelegenheiten zur Übung und zum Ausbau Ihrer Präsentationsfähigkeiten zu nützen.

Erwerb rhetorischer Fähigkeiten

Regelmäßiges Referieren und Präsentieren vor Publikum wird auch Ihre rhetorischen Fähigkeiten ausbilden uns verbessern. Gerade der Präsentationsfähigkeit kommt auch außerhalb der Universität wie beispielsweise bei Diskussionen oder Vorstellungsgesprächen große Bedeutung zu.
Für die mündliche Präsentation gilt daher ebenso wie für wissenschaftliches Schreiben: Auch wenn Sie später nicht als Historiker*in arbeiten sollten und ihre Referatsthemen 'exotisch' scheinen mögen - die Fähigkeit jegliches Wissen, Informationen und Erkenntnisse in sinnvollen Zusammenhängen erfassen und in kohärenten Argumentationsgängen überzeugend präsentieren zu können, ist in vielen Berufen unabdingbar.

Ratschläge für einen schlechten Redner

 

Anstatt einer langen Liste der Do’s und Dont’s des Präsentierens, fasst Ihnen im nun folgenden Text ein ausgezeichneter Schreiber und Redner alle "Todsünden" des Vortragens in unterhaltender Weise zusammen.
Wenn sie alle seine Ratschläge ignorieren, werden Ihre zukünftigen Präsentationen mit großer Sicherheit Erfolge.

Anbei die Ratschläge aus: Kurt Tucholsky, Ein Lesebuch für unsere Zeit, Berlin und Weimar 1990, 333-335. 

Fang nie mit dem Anfang an, sondern immer drei Meilen vor dem Anfang! Etwa so:

"Meine Damen und meine Herren! Bevor ich zum Thema des heutigen Abends komme, lassen Sie mich Ihnen kurz ..."

Hier hast du schon so ziemlich alles, was einen schönen Anfang ausmacht: eine steife Anrede; der Anfang, vor dem Anfang; die Ankündigung, daß und was du zu sprechen beabsichtigst, und das Wörtchen kurz. So gewinnst du im Nu die Herzen und die Ohren der Zuhörer.

Denn das hat der Zuhörer gern: daß er deine Rede wie ein schweres Schulpensum aufbekommt; daß du mit dem drohst, was du sagen wirst, sagst und scho gesagt hast. Immer schön umständlich.

Sprich nicht frei - das macht einen so unruhigen Eindruck. Am besten ist es: du liest deine Rede ab. Das ist sicher, zuverlässig, auch freut es jedermann, wenn der lesende Redner auch nach jedem vierten Satz mißtrauisch hochblickt, ob auch noch alle da sind.

Wenn du gar nicht hören kannst, was man dir so freundlich rät, und du willst durchaus und durchum frei sprechen ... du Laie! Du lächerlicher Cicero! Nimm dir doch ein Beispiel an unseren professionellen Rednern, an den Reichstagsabgeordneten - hast du die schon mal frei sprechen hören? Die schreiben sich sicherlich zu Hause auf, wann sie "Hört! hört!" rufen ... ja, also wenn du denn frei sprechen mußt:

Sprich, wie du schreibst. Und ich weiß, wie du schreibst.

Sprich mit langen, langen Sätzen - solchen, bei denen du, der du dich zu Hause, wo du ja die Ruhe, deren du so sehr benötigst, deiner Kinder ungeachtet, hast, vorbereitest, genau weißt, wie das Ende ist, die Nebensätze schön ineinandergeschachtelt, so daß der Hörer, ungeduldig auf seinem Sitz hin und her träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummer hat, auf das Ende solcher Periode wartet ... nun, ich habe die eben ein Beispiel gegeben. So mußt du sprechen.

Fang immer bei den alten Römern an, und gib stets, wovon du auch sprichst, die geschichtlichen Hintergründe der Sache. Das ist nicht nur deutsch - das tun alle Brillenmenschen. Ich habe einmal in der Sorbonne einen chinesischen Studenten sprechen hören, der sprach glatt und gut französisch, aber er begann zu allgemeiner Freude so: Lassen Sie mich Inen in aller Kürze die Entwicklungsgeschichte meiner chinesischen Heimat seit dem Jahre 2000 vor Christi Geburt ..." Er blickt ganz erstaunt auf, weil die Leute so lachten.

So mußt du das auch machen. Du hast ganz recht: man versteht es ja sonst nicht, wer kann denn das alles verstehen, ohne die geschichtlichen Hintergründe ... sehr richtig! Die Leute sind doch nicht in deinen Vortrag gekommen, um lebendiges Leben zu hören, sondern das, was sie auch in den Büchern nachschlagen können ... sehr richtig! Immer gib ihm Historie, immer gib ihm.

Kümmere dich nicht darum, ob die Wellen, die von dir ins Publikum laufen, auch zurückkommen - das sind Kinkerlitzchen. Sprich unbekümmert um die Wirkung, um die Leute, um die Luft im Saale; immer sprich, mein Guter. Gott wird es dir lohnen.

Du mußt alles in die Nebensätze legen. Sag nie: "Die Steuern sind zu hoch." Das ist zu einfach. Sag: "Ich möchte zu dem, was ich soeben gesagt habe, noch kurz bemerken, daß mir die Steuern bei weitem ..." So heißt das.

Trink den Leuten ab und zu ein Glas Wasser vor - man sieht das zu gern.

Wenn du einen Witz machst, lach vorher, damit man weiß, wo die Pointe ist.

Eine Rede ist, wie könnte es anders sein, ein Monolog. Weil doch nur einer spricht. Du brauchst auch nach vierzehn Jahren öffentlicher Rednerei noch nicht zu wissen, daß eine Rede nicht nur ein Dialog, sondern ein Orchesterstück ist: eine stumme Masse spricht nämlich ununterbrochen mit. Und das mußt du hören. Nein, du brauchst du nicht zu hören. Sprich nur, lies nur, donnere nur, geschichtele nur.

Zu dem, was ich soeben über die Technik der Rede gesagt habe, möchte ich noch kurz bemerken, daß viel Statistiken eine Rede immer sehr hebt. Das beruhigt ungemein, un da jeder imstande ist, zehn verschiedene Zahlen mühelos zu behalten, so macht das viel Spaß.

Kündige den Schluß deiner Rede lange vorher an, damit die Hörer vor Freude nicht einen Schlaganfall bekommen. (Paul Lindau hat einmal einen dieser gefürchteten Hochzeitstoaste so angefangen: "Ich komme zum Schluß.") Kündige den Schluß an, und dann beginne deine Rede von vorn, und rede noch eine halbe Stunde. Dies kann man mehrere Male wiederholen.

Du mußt dir nicht nur eine Disposition machen, du mußt sie den Leuten auch vortragen - das würzt die Rede.

Sprich nie unter anderthalb Stunden, sonst lohnt es gar nicht erst anzufangen.

Wenn einer spricht, müssen die anderen zuhören - das ist deine Gelegenheit! Mißbrauche sie.

 

 

Präsentation des Vortrags

Menschen schreiben in der Regel anders als sie sprechen. Das ausformulierte Manuskript reicht den meisten Referent*innen deshalb nicht als Grundlage für den Vortrag aus.
Es empfiehlt sich daher, den Vortrag einmal durchzusprechen und anschließend, basierend auf dem Probedurchlauf und dem Manuskript, ein weiteres Vortragsmanuskript zu erstellen, das Ihnen als Grundlage der Präsentation dient.
Auf diese Weise klären Sie die Stärken und Schwächen Ihres Referats und haben ausreichend Zeit, an Ihrer mündlichen Präsentation "herumzufeilen".
Sie werden dann eventuell schwierige Passagen oder Übergänge ausformulieren, geschriebene Sätze in gesprochene umformulieren und dort, wo sie sich sicher fühlen, einfach nur Stichworte zu notieren.

Üben, üben, üben

Sprechen Sie sich selbst oder einer/einem Zuhörer*in Ihren Vortrag auf jeden Fall einige Male laut vor. So können Sie testen, ob Sie den vorgegebenen Zeitrahmen einhalten und die Struktur Ihres Vortrages nachvollziehbar ist.
Durch mehrmaliges Vorsprechen werden Sie außerdem mehr Sicherheit im freien Sprechen erlangen.

Verhalten während des Vortrags

Sprechen Sie Ihren Vortrag so gut es geht frei und lesen Sie nur in Ausnahmefällen (schwierige Passagen, Zitate usw.) ausformulierte Textstellen ab.
Wichtig ist, dass Sie laut, deutlich und nicht zu schnell sprechen. Versuchen Sie, während des Vortrags Ihr Publikum anzusehen und fixieren Sie nicht - wie das häufig der Fall ist - ausschließlich die Seminarleiter*innen. 
Halten Sie sich unbedingt an den vorgegebenen Zeitrahmen, denn die sorgfältige und gute Vorbereitung eines Referats lässt sich auch daran erkennen, ob die Redezeit eingehalten werden kann oder nicht.

Lampenfieber

Nervosität oder Angst vor öffentlichen Auftritten kennen die meisten Menschen und auch erfahrene Referent*innen sind vor Lampenfieber nicht gefeit. Durch die Erfahrung wissen Sie aber, dass die nervenaufreibende und angstauslösende Situation besonders vor aber auch während dem Vortrag aushaltbar und zu bewältigen ist.
Die folgenden Hinweise - intensive Vorbereitung und Üben vorausgesetzt - können aber vielleicht helfen, Ihre Nervosität ein wenig zu senken:

1. Versuchen Sie, nicht in den Vortrag "hineinzustolpern" und nehmen Sie sich kurz Zeit, sich daran zu gewöhnen, die nächste halbe Stunde im Mittelpunkt des Interesses zu stehen: Atmen Sie ruhig und regelmäßig, lassen Sie Ihren (freundlichen) Blick durchs Publikum schweifen, legen Sie sich Ihr Vortragsmanuskript zurecht (nicht zu lange) und dann beginnen Sie erst mit dem Sprechen. 

2. Bemühen Sie sich um einen reibungslosen Beginn und bereiten Sie die Einleitung des Referats besonders sorgfältig vor. Formulieren Sie die ersten Sätze aus und lernen Sie diese auswendig.

3. Denken Sie daran, dass Sie etwas Wichtiges und Interessantes zu sagen haben.

4. "Steckenbleiben" während der Präsentation meistern Sie, indem Sie zugeben, den roten Faden verloren zu haben, den letzten Satz wiederholen oder das bereits Gesagte zusammenfassen.

Katrin Passig: Lessons Learned

Im wissenschaftlichen Alltag müssen Sie häufig mündlich präsentieren, ob vor Studierenden, bei Tagungen oder bei Konferenzen. Katrin Passig hat aus ihrer langjährigen Erfahrung ein Online-Dokument mit dem Titel "Lessons Learned: Vorträge ↗" erstellt, in dem sie ihre wichtigsten Einsichten zusammengetragen und systematisiert hat. Das Dokument ist sehr umfangreich und geht über Tipps zum Vortragen weit hinaus - schauen Sie rein und bekommen Sie einen Einblick in das akademische Leben sowie in die Welt des professionellen Präsentierens!