Orte des Wissens

Archiv, Bibliothek, Museum und Dokumentationsstelle

Im vorwissenschaftlichen Sprachgebrauch bestehen Unschärfen im Gebrauch und im Verständnis der verschiedenen Institutionen des Informations- und Dokumentationsbereichs. Zu diesen werden neben Archiven noch Bibliotheken, Museen und Dokumentationsstellen gerechnet.

Im Unterschied zu den übrigen genannten Institutionen ist ein Archiv etwas organisch Gewachsenes. Ein Archiv kann im Gegensatz zu einem Museum nicht begründet oder im Gegensatz zu einer Bibliothek oder Dokumentationsstelle nicht aufgebaut werden.

Archive, Bibliotheken und Dokumentationsstellen verwahren hauptsächlich Schriftgut, wohingegen in Museen Objekte im weitesten Sinne gesammelt werden. Aber insbesondere kleinere Archive können ebenso Musealien, wie Orden und Auszeichnungen, Musikinstrumente, Münzen, etc. aufbewahren, die meist im Zuge von Nachlässen übernommen wurden. Ein Beispiel für ein klassisch museales Objekt, das in einem Archiv aufbewahrt wird, ist auf dem Foto zu sehen: Mitten im Depot eines österreichischen Ordensarchivs findet sich der Totenschädel eines Archivars und Bibliothekars aus der Barockzeit. 

Oft ist es nicht einfach zu entscheiden, ob ein Dokument nun in die Bibliothek oder eher in das Archiv gehört. Auch Objekte aus Nachlässen geraten nicht nach einer bestimmten Logik in ihre jeweiligen Aufbewahrungsorte. Es sind eher historische Zufälle, welche sie entweder in ein Archiv, eine Bibliothek oder ein Museum bringen.


Dokumentationsstellen

Dokumentationsstellen streben - wie Bibliotheken - Vollständigkeit im Erfassen der zu einem bestimmten Themenbereich erschienenen Informationen an. Dokumentationsstellen gibt es in Österreich etwa zu umfassenderen Themen wie Frauen- und Geschlechtergeschichte (vgl. Ariadne – eine Informations- und Dokumentationsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung ↗) oder neuere österreichische Literatur (Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur ↗), aber auch zu spezielleren Themen, wie zum Beispiel die Dokumentationsstelle Hartheim ↗, die sich mit dem Sammeln, Verwahren und zur Verfügung Stellen von all jenen Materialien beschäftigt, die die Geschichte des Schlosses Hartheim als NS-Euthanasieanstalt von 1940-1945 belegen. Die in Dokumentationsstellen gesammelten Dokumente können unterschiedlichster Art sein: Angefangen von Zeitungsberichten über Filme und Radiosendungen bis hin zu Bildern oder Realien wird alles gesammelt, was zu dem gewählten Schwerpunkt erschienen ist.


Vergleich Archiv, Bibliothek, Dokumentationsstelle

Archive, Bibliotheken und Dokumentationsstellen verwahren in der Hauptsache schriftliches Material. Die Benennung der einzelnen Institutionen ist in der Alltagssprache oft fließend - wenn Sie in Ihrem Bekanntenkreis danach fragen, was Archive, Bibliotheken und Dokumentationsstellen voneinander unterscheidet, werden Sie vermutlich die unterschiedlichsten Antworten erhalten.

Archive erfassen, verwahren und erschließen all jene Unterlagen, die Ihnen von den abgebenden Stellen, in der Regel Behörden und Ämter, aber auch kirchliche Institutionen oder Unternehmen, angeboten und als archivwürdig bewertet wurden. Archive betreiben in der Regel keine aktive Anschaffungspolitik, sondern erhalten die Unterlagen von den Behörden zumeist auf Grundlage gesetzlicher Regelungen (Stichwort Abgabepflicht). In der Regel wird - nicht zuletzt aus Platzgründen - nur ein Bruchteil des abgebenen Materials in den Archivbestand übernommen, die Aussonderung der nicht als archivwürdig befundenen Unterlagen wird mit dem Fachbegriff "Skartieren" bezeichnet. Neben klassischem Schriftgut auf Papier - seit dem 20. Jahrhundert vermehrt maschinenschriftliche Dokumente - finden sich in Archiven auch Karten, Pläne und Fotos sowie seit ein paar Jahrzehnten zunehmend Schriftgut auf unterschiedlichsten digitalen Speichermedien (z.B. Magnetbänder, Disketten, CDs oder DVDs). 

Bibliotheken betreiben im Unterschied zu Archiven eine aktive Sammelpolitik. Sie streben in ihren Kernbereichen nach Vollständigkeit im Sammeln publizierter Literatur an. Bei manchen Bibliotheken besteht Abgabepflicht, so etwa bei der Österreichischen Nationalbibliothek für in Österreich erschienene Literatur, aber in der Regel verfügen Bibliotheken über ein gewisses Budget, das den Ankauf von Büchern oder Zeitschriften ermöglicht. Klassischerweise sammeln Bibliotheken gedruckte Literatur, zu ihren Beständen zählen aber ebenso mittelalterliche Handschriften mit Texten, die aus künstlerischer, wissenschaftlicher oder religiöser Beschäftigung erwachsen und oft in mehreren Ausgaben überliefert sind; in Archiven verwahrte Handschriften sind dagegen in der Regel im Zuge administrativer Tätigkeit entstanden. In den letzten Jahrzehnten weiten manche Bibliotheken ihre Sammeltätigkeit auf elektronische Dokumente (E-Books, digitale Zeitschriften und Datenbanken) aus.

Schematischer Vergleich
ArchivBibliothekDokumentationsstelle
KernaufgabeErwerb, Sicherung und Bewahrung von ArchivgutErwerb und Bereitstellung von Büchern und Periodikanutzungsorientierte Erschließung von Dokumenten
Inhalthistorische und für das Tagesgeschäft nicht benötigte Dokumenteselbstständige bibliographische Einheiten (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften)alle Arten, bes. unselbstständige Literatur bis zu Einzelfakten
Erschließungunterschiedlich, von sehr grob (Aktenreihen), bis detailliert (Urkunden)nach Autoren, nach Sachgruppen und dem Hauptgegenstandsehr tief, bis zu einzelnen Sachverhalten innerhalb einer Dokumentationsstelle